Plötzlich 30

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Gedanke / Potpourri / Text
Ice ice baby (c) Patryk D./Pexels)

„Wir waren solche Babys“ whatsappte ich den beiden, die mit mir 15-jährig und grün hinter den Ohren in die Kamera lächeln. Duckface war uns damals kein Begriff, dafür tanzten wir in den Pausen den Las-Ketchup-Song auf und ab.
Ein anderes Foto von unbeschwerten Sommerferientagen am Bodensee. Kein Gramm Fett auf den Hüften, ein großes Eis in der Hand. Ach Ferien, du Privileg der Vergangenheit!

Jetzt bin ich fast doppelt so alt und liebe es nach wie vor, eisschleckend am See zu liegen – wenngleich meine Hüften das inzwischen nicht mehr verheimlichen. Nächste Woche werde ich 30. Ich muss zugeben, dieser Umstand beschäftigt mich ein bisschen. 30 erscheint mir als ein Synonym für „richtig erwachsen“, suggeriert  sozusagen das offizielle Ende des jugendlichen Lotterlebens. Was natürlich Blödsinn ist. Denn man ist bekanntlich ja so alt wie man sich fühlt.

Forever 29

Ziemlich sicher haben diese Gedanken auch damit zu tun, dass mein Umfeld aktuell sehr auf sesshaft und erwachsen macht. Hochzeiten und Kindergeburtstage sind die neuen Partys. Von der Studenten-WG in der Innenstadt zieht es meine Freunde vermehrt in Einfamilienhäuser aufs Land. Und mitten drin bin ich. Seit einem Jahr wohnhaft im Grünen, Ehering aussuchend und in weiser Voraussicht auf den nächsten Arbeitstag den dritten Drink dankend ablehnend. Das klingt vielleicht nicht so hipp und unverbindlich, muss es auch nicht.

Ich bin sehr dankbar für das Leben, das ich führen darf. Um einen Haken in unserer neuen Hood zu finden, beschwere ich mich mit einem Augenzwinkern, dass ich von „Vogelkrach“ geweckt werde. Die tägliche Arbeit bietet zwar immer wieder Nährboden für Jammerei, aber auch die Basis, um spontan auf den Pause-Knopf zu drücken und sich eine Alltagsflucht zu gönnen. Ein Stückchen Freiheit kann man sich auch kaufen. Mit 30.

Ich sehe es so: Ich habe dazugelernt und mich entwickelt. Heute beschäftigen mich andere Themen als vor zehn Jahren. Schlimm, wenn’s nicht so wäre. Und trotzdem bin ich noch dieselbe geblieben, aber in einer ausgereifteren Version. Wenn ich in zehn Jahren auf heute zurückblicke, werde ich mir wohl denken: „Mensch, war ich jung!“ – und dabei genüsslich ein Eis vertilgen.

 

Ice ice baby (c) Patryk D./Pexels)

(c) Patryk D./Pexels

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